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20. August 2010

Koyasan – Onsenreport


Ja, also völlig verkatert bin ich (und eine lärmende Schulklasse) dann von Osaka mit dem Zug und später noch mit der Seilbahn bis ins 800 m hoch gelegene Tempeldörfchen Koyasan gefahren. Der Ort besteht eigentlich nur aus Tempeln, um die sich herum ein paar Häuser gruppiert haben. Der Ort ist so eine Art Pilgerstätte für Buddhisten (sowie Touristen) und jeder mit Rang und Namen hat dort im Laufe der Geschichte ein Monument errichtet, aber dazu mehr am Montag... In Koyasan war mein Ziel, etwas Japanisches zu machen, was japanischer nicht sein kann…  eine Übernachtung in einem Tempel mit traditionell japanischen Zimmern und dazu noch ein eigenes Onsen (heiße Quelle). Wenn man in Japan traditionell übernachten möchte, geht man in ein Ryokan. Das sind Gasthäuser, die dem Gast mit Strohmatten ausgelegte, spärlich bis gar nicht möblierte Zellen anbieten, die nicht mal über eine eigene Toilette verfügen. Das klingt jetzt ziemlich ärmlich, aber damit hat das gar nichts zu tun… preislich gesehen, liegt eine Übernachtung im Ryokan auf 5 Sterneniveau und teils weit drüber. Dafür sind aber Abendessen und Frühstück mit inbegriffen, was den Preis natürlich rechtfertigt…haha. Das klingt jetzt alles total schrecklich, ist es aber gar nicht…es ist eben japanischer Luxus. Die Besonderheit in Koyasan, ist Möglichkeit zur Übernachtung in einem Tempel. Ich habe mir das Fukuchi-in ausgesucht, weil es zusätzlich noch die einzige heiße Quelle in Koyasan besitzt und die vier Gärten von einem Stararchitekten gestaltet wurden. Als ich also dort angekam, habe ich den Tempel gleich an dem schönen Eingangstor erkannt. Sonst sieht man nämlich gar nichts, da alles von einer hohen Mauer umgeben ist. Wenn man dann aber das Grundstück betritt, findet man sich gleich in einer ganz anderen Welt wieder…es ist einfach total japanisch. Das ganze Gelände besteht nur aus einem riesigen verwinkelten Haus/Tempel, das erhöht über dem Boden gebaut und zu allen Seiten offen ist.  Die Gärten kann man auch übrigens nicht betreten, sondern nur von den Terrassen entlang des Hauses bewundern. Es wäre auch ziemlich mühsam, wenn ständig jemand durch den Zengarten latschen würde. Am Eingang wird man dann begrüßt und muss sofort seine Schuhe gegen Schlappen eintauschen, bevor man alles gezeigt bekommt. Mein Zimmer war relativ weit vom Hauptbereich entfernt und lag genau zwischen dem Haupttempel (jeden Morgen um 6 Uhr wird gebetet…ich bin auch extra dafür aufgestanden) und dem Onsen…perfekt. Als sich für mich die Papierschiebetür zu meinem Reich öffnete, viel mir gleich ein bestimmter Song ein…ein Bett im Kornfeld, das immer frei….weil die Tatamimatten total nach Stroh riechen…naja, sind ja schließlich auch aus Stroh! Jedenfalls war es ein 12m² großer Raum mit einem Couchtisch, 4 Sitzkissen, eine Affenstatue, einem Flatscreen und einem Kleiderschrank mit Safe, da sich die Papierschiebetüren nicht abschließen lassen und ich auch leider meinen PRITTstift zum Zukleben zu Hause vergessen hatte…menno. Die Toiletten (übrigens total modern) waren ja leider nicht im Zimmer, sondern für alle in den Fluren. Das war aber gar nicht so schlimm, da das Haus ja riesig ist und die Gäste überall verteilt waren. Das Besondere bei den Toiletten sind die Schuhe. Bevor man aufs Klo geht, muss man sich seine Schlappen ausziehen und die auf dem Klo vorhandenen Toilettenlatschen anziehen. Danach darf man dann allerdings nicht vergessen, den Schuhtausch wieder rückgängig zu machen, da es wahrscheinlich einer Todsünde gleich kommt, mit Klolatschen, die Flure zu betreten (und Tatamis sowieso nur barfuß). Wieder zurück zur Luxuszelle: Die zweite Besonderheit ist das Essen, das auch im Zimmer serviert wird. Da ich in einem Tempel war, war das Essen komplett vegetarisch, für mich kein Problem und ich konnte auch bedenkenlos alles essen, weil ich sicher sein konnte, dass nichts vorher gelebt hat. Die Angestellte bringt dann drei aufeinandergestapelte Tabletts, die auf den Boden gestellt  werde. Darauf befinden sich allerhand Schalen und Schüsseln mit z.B. Sesamtofu, Tempura, Algensuppe, Pickles, Agaragar und GrünerTeeSalz. Dann war da auch noch ein Sieb mit einem Blatt Papier, in dem Sojasuppe mit Pilzen und Tofu auf offener Flamme erhitzt wurde. Warum das Papier nicht gebrannt hat, frag‘ ich mich heute noch. Nachdem dann noch Tee und Reis gebraucht wurden, wurde ich allein gelassen und konnte essen….sehr, sehr, sehr lecker. Meine Kollegen auf Arbeit waren sehr skeptisch wegen des vegetarischen Essens. Vegetarisch gibt es in Japan nicht und alle sind angewidert, wenn sie Shoujin ryouri hören. Ich habe dann mal gefragt, was denn so Schlimm daran wäre. Abgesehen davon, dass es noch keiner meiner Kollegen probiert hat, meinen alle, dass es keinen Geschmack hätte. Das habe ich zuerst nicht kapiert, aber hier in Japan gibt es neben süß, sauer, salzig und bitter noch einen weiteren Geschmack: umami (Das ist kein Scherz!!!). Und in Japan ist alles mit Umami…na? Wer weiße es…genau... Umami ist Geschmacksverstärker! Bähhh! Da war mir natürlich klar, warum für mich das vegetarische Essen eine Geschmacksexplosion war und für Japaner nur fad. Naja, da sind sie selbst schuld! Wieder zurück zur Luxuszelle: nach dem Essen kommt dann jemand und bereitet das Bett auf dem Boden. Ich habe natürlich nur eine Matratze verlangt, habe mir dann aber doch vorm Schlafen gehen noch selbst eine zweite untergelegt. Das war dann doch zu unbequem (erinnerte mich an die erste Übernachtung bei meinem kleinen Cousin… nee, nur Spaß…Gruß an die Friedenstraße 3b). Bei dem Thema Schlafen fällt mir ein, dass um 9 Uhr abends der Tempel komplett dicht gemacht wird. Das heißt, dass alle ach so offenen Türen und Fenster nach außen geschlossen werden und niemand kommt weder rein noch raus…ein echter Knast also. Das hatte mich echt überrascht. Wenn mal ein Notfall sein sollte, sollte ich das Personal, das ja auch im Gebäude eingeschlossen ist, anrufen…macht Sinn, vor allem wenn die Telefonleitungen vielleicht zerstört wurden. Also was tun, in einem Luxusknast…ja, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme: Kaligraphiekurs! Für eine „Spende“ von 15 Euro (das war auch das Erste was vom Mönch verlangt wurde, klar das kennen wir ja schon!), hatte ich mir erhofft, in die Geheimnisse der Klaigraphie von einem echten Mönch eingeweiht zu werden. Als ich dann ein Blatt Papier mit jap. Schriftzeichen und den Worten: „Name, Datum, Wunsch und Schriftzeichen nachmalen!“ vor die Nase gelegt bekam, kam ich mir etwas verarscht vor. Alle anderen „Insassen“ vor allem die Japaner schienen damit ganz zufrieden und total im Yin und Yang. Für mich fehlte eigentlich nur, dass der eine Mönch die Trommel  im Takt schlägt, während der andere die Peitsche schwingt. Aber dazu hätten sie der Strafarbeit beiwohnen müssen…sie hatten sich nach 10 Minuten mit den Worten. „wenn fertig, Blatt in Schale legen und gehen!“ aus dem Staub gemacht, wahrscheinlich zum Fußball gucken! Da saß ich nun und pinselte eine Stunde lang Schriftzeichen nach, die ja eh schon da standen und fühlte mit wie in einem Sklavenlager, in dem Handtaschenimitate im Akkord gefertigt werden. Danach war ich völlig fertig und brauchte nur eines…Entspannung im Onsen. Ich habe bis Mitternacht gewartet, um sicher zu sein, dass alle anderen möglichen Mitbader schon längst schlafen und ich mein eigenes privates openair Onsen genießen kann. Das tat ich dann auch sehr lange und sehr entspannt, zuvor natürlich das bereits aus Kyoto bekannte Waschritual: rauf auf den Schemel, eingeseift, abgespült, abgetrocknet und dann raus zum Onsen. Ich konnte es mir natürlich nicht verkneifen ein paar Fotos zu machen, aber dafür musste ich vorher meine Kamera holen. Also, wieder die Yukata an, in Schlappen halbe Treppe rauf, über den langen Flur getippelt und wieder die Treppe runter zum Zimmer und wieder zurück. Das Haus ist nämlich wie ein echtes Labyrinth, überall führen Gänge hin und Treppen tauchen auf und führen wieder in ein anderes Stockwerk. Zurück im Onsen bin ich dann aber einfach so „dreckig“ wie ich nun war, ins Wasser gestiegen. Das Onsen war natürlich nur das für die Herren. Das für die Frauen ist im Internet abgebildet und ist komplett aus Natursteinen gefertigt. Das Herrenonsen ist dagegen aus Holz, sehr schlicht und hat  zwei kleine und ein großes Becken und alles für mich allein. Auf dem einen Bild bin ich übrigens selber drauf. Da ich aber nichts an hatte, habe ich mich bewegt, um auf dem Foto wie Nebel zu verschwimmen. Möchte nicht gegen Jugendschutzbestimmungen verstoßen J . Alles in allem war das ein sehr schöner Tag, nur länger könnte ich es dort auch nicht aushalten. Aber vielleicht werde ich im Winter nochmal bei mir hier im Norden Japans in ein anderes Onsen fahren. Heiße Quellen im Sommer zu besuchen, ist auch ziemlich merkwürdig!

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